Vorabinformation zum Nachtrag

In der Woche der Veröffentlichung unseres Blogbeitrags zur Nationalen Bildungsplattform gab es eine Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE (im Artikel zitiert).

Die Antworten bestätigen in weiten Teilen den gewonnenen Eindruck, geben aber auch genauere Auskunft über einige offene Punkte, weswegen Torsten die Möglichkeit nutzt in diesem Nachtrag auf einige Punkte spezifisch einzugehen. Wikimedia Deutschland hat bereits kurz nach Veröffentlichung in einem Blogartikel zur Antwort Stellung genommen.

Der Nutzendenrat:

Die Etablierung eines Nutzendenrats als beratendes Gremium wird im Gesamtkonzept einer künftigen Governance geprüft.

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Der in der Wikimedia-Studie vorgeschlagene Neustart des Projekts – mit einem Gremium wie dem User:innen-Rat – müsste sich zuerst zu Fragen einigen, die seit Jahren im Bildungsbereich diskutiert werden und nicht zu einem tragbaren Kompromiss kommen.

Weiterhin würde das angestrebte Projekt vermutlich zu einer Infrastruktur mit besonderem Einfluss auf die Bildungspolitik wachsen (wollen). Hier würde neben den bestehenden Strukturen also zukünftig ein weiteres Gremium offizielle / politische Impulse setzen.

Wenn das Projekt jedoch in der angestrebten Zeit noch zum Start kommen soll, kommt dieser Vorschlag aus meiner Sicht zu spät. Den Rat aber erst zu einem späteren Zeitpunkt zu etablieren, schränkt die intendierte Lenkungsfunktion ein. So oder so, die Frage nach Governance wird erstmal vertagt.

Eine Grundsatzentscheidung zu einer langfristig tragfähigen Governancestruktur und dem dauerhaften Betrieb kann erst im Kontext der Ergebnisse der Evaluation (gleichzeitig 3. DARP-Meilenstein) und den bis dahin gesammelten Erfahrungen mit dem Minimal Viable Product (MVP) getroffen werden.

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Einfluss auf das Bildungsverständnis:

Wie unser Artikel zu den Intelligenten Tutoriellen Systemen zeigt, teile ich zwar die kritische Einschätzung, dass Plattformen und Softwaredienste auch Lernen verändern können, den in der Wikimedia-Studie in Aussicht gestellten Einfluss auf die Lehre sehe ich durch das weit gefasste Projektvorhaben der NBP derweil so nicht. Ich bin empfänglich für den Wunsch nach einer Neugestaltung der Bildung, sehe diese aber nicht auf dem aufgezeigten Weg erreichbar.

Mit dieser Zielsetzung richtet sich die Vernetzungsinfrastruktur an alle Akteure formaler, non-formaler und informeller Bildung in Deutschland. Es werden keine spezifischen pädagogischen Modelle präferiert.

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Neben diesem erneuten Bekenntnis zu einer pädagogischen Neutralität, verschiebt man seitens der NBP allerdings den im „lebenslangen Lernen“ erforderlichen und bisher vermissten nonformalen Fokus erneut:

In den ersten Entwicklungsstufen soll zunächst auf formale Lernkontexte Bezug genommen werden. Die Berücksichtigung nonformaler oder informeller Kontexte und Lernstände sollen dann für die Konzeption und Machbarkeitsprüfung weiterer Ausbaustufen berücksichtigt werden.

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Disparität

Das Argument der Verstärkung einer Disparität mit Blick auf Chancengleichheit wird in der Antwort auf die kleine Anfrage nur kurz thematisiert. Sie wird uns derweil leider weiterhin bei Themen der Digitalisierung begleiten. Allein mit einem Zugang (Bereitstellung von Geräten) ist dieser Punkt nicht aus der Welt zu schaffen. Einen zur Verringerung der Disparität notwendigen gesellschaftlichen Umbau sehe ich allerdings nicht innerhalb des Projekts realisierbar. Es wird weiterhin notwendig sein, dass Schule dies berücksichtigt und eine entsprechende (vernetzte) Sozialpolitik dort übernimmt, wo das Bildungssystem nicht hinreicht. Weitere Informationen zu diesem Standpunkt finden sich in unserem Papier zur Anhörung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (SGFF) im saarländischen Landtag.

Datenschutz und KI

Mit Blick auf die geplante Architektur und den Einsatz von KI-Diensten erfahren wir wenig Neues. Gerade im letzten Punkt scheint man sich derzeit noch auf die Partner zu verlassen und – wie im ersten Kommentar vermutet – rechtlich abzusichern. Hierauf deutet auch die sinnvolle Zusammenarbeit mit dem BSI hin.

Daher erfolgt die Entwicklung des Vorhabens in Kooperation mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), um begleitend entsprechende Vorgaben für Sicherheit und Datenschutz zu definieren und zu auditieren. […] Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen und Sicherheitsanforderungen haben gegebenenfalls jedoch den Ausschluss eines Anbieters oder Betreibers aus dem durch die Vernetzungsinfrastruktur erschlossenen Datenraum zur Folge.

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Alle Entwicklungen, die für die NBP als Vernetzungsinfrastruktur entwickelt werden, basieren auf offenen oder ggf. offen zu entwickelnden Standards und werden als Open-Source-Software mit entsprechender Lizenzierung veröffentlicht und in öffentlich zugänglichen Repositorien dokumentiert.

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Auch wenn die Betonung einer Open-Source Strategie Hoffnung macht, wird man in anderen Punkten nochmal intensiv diskutier müssen. Die aktuelle Auseinandersetzung zwischen OpenAI (ChatGPT) und dem europäischen Datenschutz lässt Fragen nach Verantwortung bei selbst geförderten Projekten an Gewicht gewinnen und das Delegieren der Transparenzfragen bei Algorithmen bietet Raum für Nachbesserungen.

Die Entwicklung von Algorithmen, welche den Datenraum für Such- oder Vorschlagsfunktionalitäten nutzen, soll auf Seiten der Partner liegen.

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Wir sind gespannt, wie sich das Projekt in Zukunft entwickeln wird und freuen uns auf den weiteren Diskurs.